Meine eigene Herz-Geschichte

Im Grunde fing das ganze schon 1991 an. Ich war zu dieser Zeit in einem Garten und Landschaftsbau Betrieb beschäftigt und ein junger, kräftiger Kerl von grade einmal 26 Jahren.

Ich war mit meinen Kollegen dabei, bei einer Kundin eine Treppenanlage aus Betonstufen herzustellen. Wie aus heiterem Himmel bekam ich dieses seltsame Gefühl hinter dem Brustbein. Gleichzeitig wurde mir schwindelig und der Kopf heiß. Es war wie ein „blubbern“ , was langsam hinter dem Brustbein bis zur Kehle empor stieg. Nach ein paar Sekunden war der Spuk wieder vorbei. Aber ich war total erschöpft von diesem Anfall,

Meine Kollegen bemerkten sofort, das mit mir etwas nicht stimmt und empfahlen mir einen Arzt aufzusuchen, was ich auch tat.

Mein Hausarzt hörte sich meine Story an und überwies mich zu einem Kardiologen. Vorsichtshalber verschrieb er mir einen leichten Betablocker. Beim Kardiologen wurde ich sofort komplett auf den Kopf gestellt. Die Untersuchung dauerte über 3,5 Stunden und beinhaltete wirklich alles, was man sich nur vorstellen konnte. Gefunden wurde nichts…….

Da ich zu dieser Zeit ein ziemlich unerschütterliches Kerlchen war, ging ich am nächsten Tag wieder arbeiten und hatte die Sache schnell wieder vergessen. Die Betablocker verschwanden in der Schublade und das Leben ging weiter.

Ich hatte zwar des öfteren mal ein paar spürbare Extrasystolen, aber mein Hausarzt meinte nur, das hätte wohl jeder mal und wäre nicht schlimm. Ein EKG bestätigte seine Aussage. Blöd war halt nur die Tatsache, das meine damalige Lebensgefährtin keine Lust auf einen „Herzkranken“ hatte, und mich verließ. Na ja, so läuft das eben im Leben.

2002 lernte ich meine Ehefrau kennen, 2004 kam unsere Tochter zur Welt und das Leben schien perfekt. Bis……, ja bis das blubbern wieder kam. Nicht schlimm, aber doch merklich lernte ich damit umzugehen. Wenn es kam, brauchte ich z.b. nur schnell vom Stuhl aufzustehen, um es zu stoppen. Ist es menschliche Gleichgültigkeit, oder bin nur ich so bekloppt ?

Ich hatte mir ein paar Methoden angeeignet, wie ich das blubbern terminieren konnte, und das reichte mir. Zum Arzt bin ich nicht gegangen. Aber ich fing an , darüber zu lesen. In einem Buch über Klopftechniken wurde eine Methode beschrieben, Herzrythmusstörungen zu beenden. Ich probierte das bei einem neuerlichen Anfall aus, und es funktionierte.

Nennen wir es Blauäugigkeit, heute würde ich fahrlässige, grobe Dummheit dazu sagen. Waren es doch vermutlich zu dieser Zeit schon bösartige Kammertachykardien, die mir jederzeit das Leben hätten kosten können. Aber andererseits brachten mich hausärztliche Untersuchungen auch nicht wirklich weiter.

Eines Tages erwischte mich ein seltsames Phänomen auf meinem morgendlichen Toilettengang. Wie aus dem nichts fing mein Darmausgang an zu brennen und mir wurde totschlecht. Gleichzeitig wurde mir schwindelig und mein Kopf ganz heiß. Mein einziger Gedanke (echt jetzt) war nur, das ich nicht mit runtergelassener Hose zusammen brechen wollte. Ich habe es also grade so geschafft, ordentlich gekleidet, im Flur meiner Frau vor die Füße zu fallen. Auf ihre Frage, was mit mir los sei, antwortete ich wohl nur, ich müßte ein wenig liegen bleiben. Im Flur……

Wach geworden bin ich im Wohnzimmer auf der Couch. Ich hab mich wohl nach 10 Minuten von selbst auf die Couch gerettet. Meine Frau wollte schon da die Rettung rufen, was ich aber drastisch ablehnte. Da war sie wieder, die grobe Dummheit. Aber auch das ging folgenlos an mir vorbei.

Bis zu dem denkwürdigen 30.07.2015…….

Dieses mal war alles anders. Gegen 03:30 morgens wurde ich von einem blubbern geweckt, das ich so noch nicht erlebt hatte. Es ging diesmal auch nicht mehr weg. Meine ganzen Methoden erwiesen sich diesmal als absolut wirkungslos. Das erste Mal bekam ich wirklich Angst……

Ich konnte noch zu meiner Frau ins Schlafzimmer gehen und ihr sagen, sie soll die Rettung rufen. Sie sah mich an und begriff sofort, das es diesmal dringend war.

Der Notarzt bat mich darum, mein EKG an einen befreundeten Kollegen schicken zu dürfen, der an irgendeiner Uni dozierte. Sowas würde man wohl nur selten zu Gesicht bekommen. Mir wurde mulmig………

Nach einer höchst interessanten Notfallkatheter Untersuchung wurde mir ein ICD implantiert. Man sagte mir im Krankenhaus, ich sei ab jetzt sicher vor einem plötzlichen Herztod. Ich mußte mir einen neuen Job suchen( LKW Fahrer) und bin nach einem halben Jahr im öffentlichen Dienst gelandet. Das war wie ein 6er im Lotto…….

Die alte Sorglosigkeit schlich sich wieder ein. Im August 2019 hörte ich zwar mit dem Rauchen auf, trank aber weiter mein Bier und freute mich des Lebens. Bis zum 03.02.2020…..

Morgens auf der Arbeit war ich mit einem Kollegen zugange, als es mich wie aus heiterem Himmel traf. Mir sackten die Beine weg, es wurde immer dunkler um mich herum. Ich hörte meinen Kollegen schreien (der arme Kerl) und merkte noch, wie ich langsam in die Knie ging. Und dann spürte ich diesen Schlag in der Brust, sah gleichzeitig diesen hellen Blitz vor meinen Augen, und war schlagartig wieder da. Da ich vorher überhaupt nichts gemerkt hatte, vermutete ich einen Defekt am Defi. Ich schickte meinen Kollegen los, die Rettung rufen. Aber der Gute war schon unterwegs. Ich machte mich auf allen Vieren auf den Weg in Richtung Ausgang. Ich bekam noch zwei Schläge von meinem Defi mit, dann war Ruhe. Der RTW war zwischenzeitlich eingetroffen und lud mich ein. Im Krankenhaus hat man mittels Auslesung des Defis festgestellt, das ich eine rechtsventrikuläre Kammertachykardie mit einer HF von 265 hatte. Die Schocks waren also berechtigt. Nach 3 Tagen wurde ich mit einem Rezept für Betablocker mehr oder weniger rausgekehrt. Den Rest würde mein Kardiologe machen. Ich habe mit ordentlichen Arrythmien gute 2 Stunden vor der Tür gestanden bis meine Frau kam und mich eingeladen hat. Wir sind dann sofort zu meinem Kardiologen gefahren, der mich auch erstmal nach Hause geschickt hat.

Wir wollte noch einen Kaffee trinken gehen, als die Arythmien zu schlimm wurden, das wir zurück zum Kardiologen sind. Er schrieb ein EKG und aufgrund dessen rief er sofort einen RTW der mich dann in eine Klinik brachte in der angeblich die beste Rythmologie der ganzen Gegend sein sollte.

Dort wurde ich komplett auf den Kopf gestellt und einen Tag später einer Katheterablation unterzogen. Der Arzt dort sagte mir, es wäre nur ein ganz kleines Gebiet zum veröden gefunden worden. Dies wäre erfolgreich gemacht worden und es dürfte jetzt wohl nichts mehr passieren.

Durch die zusätzliche Einnahme von Magnesium reduzierten sich zwar die Arythmien, aber es kam etwas neues hinzu. Etwas, womit ich nie gerechnet hätte. War ich doch immer noch ein Kerl wie eine Eiche. Es konnte doch nicht sein, das ich ANGST bekam……..

Diese Angst trieb mich in zwei Monaten in drei verschiedene Krankenhäuser und zu mehreren niedergelassenen Internisten und Kardiologen. Alle untersuchten mich von Kopf bis Fuß und fanden nichts. Ein paar Herzrythmusstörungen, sonst nichts…… Ich bin dann zu einer, mir schon länger bekannten Psychotherapeutin gegangen, die mir auch direkt einen gewissen Raum in ihrem Terminkalender gewährte. Sie brachte mich mit ihren einzigartigen Methoden wieder auf Kurs.

Die Angst ist zwar immer noch da, aber ich komme einigermaßen damit klar. Manchmal denke ich einfach zuviel über die Sache nach(Kopfkino), und dann sehe ich wieder diese Bilder von meinen Schocks vor meinen Augen. Dann fange ich an zu messen. Erst 10 mal hintereinander den Blutdruck, dann die O2 Sättigung. Dann drücke ich mir auf die Finger um zu gucken ob die Druckstelle auch schnell wieder Rot wird. Wenn das nicht schnell genug geht, muß ich zu einem Spiegel um zu sehen, ob ich schon weiß bin. Volle Panik voraus……..

Seit dem ich mit Selbsthypnose an das Thema gehe, geht es besser. Ich bin zertifizierter Hypnosecoach und weiß einigermaßen der Panik entgegen zu wirken. Ich habe diverse Messgeräte zu hause. Aber ich nutze sie nicht mehr so oft. Wenn mal eine ordentliche Arrytmie versucht, mir den Tag zu versauen, reagiere ich mit einer relativen Gelassenheit. Das heißt: Nur soviel Aufmerksamkeit wie nötig

Das erstellen dieser Internet-Seite hilft mir bestimmt auch, meine Probleme in den Griff zu kriegen. Und wenn diese Seite nur einem anderen ebenfalls hilft, dann hat sich diese Arbeit schon gelohnt…….

In diesem Sinne…… Let´s get Rythm…….;-)

Update: 11.01.2022

Nach diversen Anfällen war ich am 29.11.2021 mal wieder im Krankenhaus. Dort bestätigte sich das, was mir mein Kardiologe schon vor 3 Monaten sagte. Ich hatte drei ordentliche Kammertachykardien, die der Defi allerdings überstimulieren konnte. Das heißt, er stimuliert das Herz mit einem leichten Impuls zu einer höheren HF als die Tachykardie. Damit sollte das Herz zum normalen Sinusrythmus zurückfinden. Das hat in allen drei Fällen optimal funktioniert. Ich habe alle drei Fälle eindeutig gemerkt, und konnte mich auch in eine sichere Position bringen. Es konnte halt auch passieren, das die Überstimulation nicht funktioniert hätte. In diesem Fall hätte der Defi mit einem Schock reagiert. Denn während der Überstimulation lädt sich der Kondensator auf, um im Notfall keine Zeit zu verlieren.

Wie dem auch sei, ich war mal wieder im Krankenhaus meines Vertrauens (zum Glück). Dieses mal fackelte der Chefarzt nicht lange, und meldete mich in einer Fachklinik in der nördlichsten Spitze von Bayern zur EPU an.

Wie er schon zu Anfangs vermutet hatte, fand man an der Aussenseite meines Herzens ein relativ großflächiges Gebiet vor, das wohl für die Tachykardien verantwortlich war. Dafür hab ich fast eine Stunde im MRT gelegen.

Kurze Zeit später schob man mich ins Katheterlabor und gab mir eine nette Spritze.

Dadurch, das es nur eine Sedierung und keine Vollnarkose war, ging es mir nach dem Aufwachen auf meinem Zimmer richtig gut. Ich habe noch lange geschlafen und merkte von dem Druckverband auf der Leiste fast gar nichts. Diese Leute waren Meister ihres Fachs. Was für mich neu war, war das große Pflaster auf meinem Bauch. Da war halt das Loch für die Aussenbehandlung für die olle Pumpe.

Wie es mir knapp vier Wochen nach der Behandlung geht ?

Mir wurde gesagt, das es vier bis sechs Wochen dauern kann, bis die letzten Nachwirkungen der Behandlung abgeklungen sind.

Aber ich muss sagen, es geht mir um einiges besser als vorher. Ich spüre immer noch die ein oder andere Extrasystole. Aber diese penetranten Salven sind nicht mehr da. Es ist ein schönes Gefühl. Sonst hatte ich immer mal wieder dieses, oben beschriebene Blubbern……Weg.

Ich will nur hoffen, das es so bleibt. Aber eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht.

Ich ertappe mich immer mal wieder beim Druck auf die Fingerspitze wenn ich mal wieder eine ES verspüre. Ich bin halt ein Herzangstmensch…….;-))

Update 02.08.2024

Ich war vom 31.07. – 01.08.2024 in der Uniklinik Köln im Herzzentrum zur epikardialen Ablation.

Nachdem ich im März ´24 mal wieder zwei ICD – Schocks bekommen hatte, ging die Krankenhaus Odyssee wieder los. Ich wurde beim ersten Schock nach Bad Neuenahr ins KH gebracht. Dort zeigte man sich völlig hilflos. Die Kardiologie dort war mal eine der besten im weiten Umkreis. Naja, was ein Weggang einiger Ärzte doch bewirken kann…..

Beim zweiten Schock wurde ich nach Neuwied ins Sankt Elisabeth Krankenhaus gebracht. Das kannte ich schon. Da hab ich 2015 meinen Defi bekommen. Und der Leiter der dortigen Kardiologie ist wohl auch ein Vollprofi in Sachen Ablation.

In diesem KH bekam ich das erste Mal Amiodaron….

Ich nenne es liebevoll „Mein Rattengift“.

Dieses Zeug hat ja die dollsten Nebenwirkungen. Aber es ist eben auch ein super Mittel gegen Herzrytmusstörungen .

Seit der Aufsättigung mit diesem Mittel muß ich das jetzt einmal am Tag nehmen und bin relativ beschwerdefrei.

Allerdings hat mein Kardiologe fast der Schlag getroffen, als ich ihm von den Plänen zur Ablation in Neuwied erzählte.

„Die können das nicht“ war seine erste Aussage. Nach Rücksprache mit meinem Lieblings-Rhythmologen aus dem KH Bonn-Beuel wurde mir ein Termin im Herzzentrum der Uniklinik Köln gemacht.

Dieser war halt am 31.07.2024

Und ich kann diese Klinik nur zu 100% empfehlen. Nicht nur der ganze Pflege und Betreuungsstab, sondern auch die Arbeit im Kathether-Labor verdient allerhöchste Anerkennung.

Jetzt hab ich wieder ein Loch in der Leiste und eins in der Brust, aber ich meine, ich hätte seit dem noch nicht mal mehr eine VES verspürt.

Im Kathether-Labor habe ich das 3D Mapping von meinem Herzen auf dem Monitor gesehen. Die Ventrikel wurden da grau dargestellt, und die Sachen, die da nicht hingehören und die VT´s erzeugen waren gelb eingefärbt.

Das waren schon eine ganze Menge. Aber so habe ich jetzt endlich eine gesicherte Diagnose. Auch wenn sie mir nicht gefällt.

Aber ich bin ein ARVCM – Patient.

Momentan bin ich von dem Eingriff noch ein wenig schlapp mit Brustschmerzen, aber das soll in den nächsten Tagen weggehen.

Und dann will ich hoffen, das sich die Pumpe mit dem nächsten Stress etwas länger Zeit lässt……